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Provenienzforschung – und was haben wir davon?

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Provenienzforschung – und was haben wir davon?
Bibliothekartag 2020

Diskutanten: Michaela Scheibe, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; Christiane Hoffrath, Universitäts- und Stadtbibliothek Köln; Andreas Kennecke, Universitätsbibliothek Potsdam; Robert Langer, Sächsische Landesfachstelle für Bibliotheken, Chemnitz; Reinhard Laube, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Weimar)

Provenienzforschung arbeitet mit dem Kapital der Bibliotheken: den historisch gewachsenen Beständen. Die Herkunft von Büchern und Sammlungen zu erforschen und sichtbar zu machen, ist eine wichtige Aufgabe der Bibliotheken bei der Pflege des kulturellen Erbes. Besondere Verantwortung tragen Bibliotheken bei der Suche nach NS-Raubgut in ihren Beständen, nach Büchern und Zeitschriften, die ihren Eigentümern geraubt, abgepresst, entzogen wurden. Nach diesen unrechtmäßigen Erwerbungen zu suchen, sie zu identifizieren, zu dokumentieren und im Idealfall zurückzugeben - dazu sind Bibliotheken durch die Gemeinsame Erklärung von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden aus dem Jahr 1999 verpflichtet. Diese Arbeit weist in die Zukunft. Provenienzforschung klärt Bestandsgeschichte, reichert Bibliothekskataloge um die Herkunft der Bücher an, macht Informationen zu Büchern, Personen und Institutionen in der digitalen Welt sichtbar. Sie erzählt die Geschichte der physischen Exemplare und rekonstruiert und würdigt die Biographie ihrer Eigentümer. Damit ermöglicht sie wissenschaftliche, kulturelle, politische und Erinnerungsarbeit. Nicht zuletzt verbindet sie damit die Bibliotheksnutzer*innen mit ihren Bibliotheken und trägt zu einem gesellschaftlichen, demokratischen Diskurs bei.
Positionen:
Das betrifft uns nicht! Provenienzforschung ist etwas für große wissenschaftliche Bibliotheken, für kleine Bibliotheken ist sie irrelevant.
Die Aufgabe ist zu groß! Gute Beispiele, Erfahrungen, Fördermöglichkeiten und Kooperationen sprechen gegen diese Ansicht.
Wie lange soll das noch dauern? Ist Provenienzforschung zeitlich begrenzt oder eine Daueraufgabe?
Wen interessiert das schon? Was gewinnen Bibliotheken mit der Provenienzfor­schung für die Wissenschaft, die Öffentlichkeitsarbeit, die Leser*innen, deren Bildung und Bindung?
Was hat das mit Bibliotheken im 21. Jahrhundert zu tun? Wie passt die Beschäftigung mit alten Büchern zu Digitalisierung, Forschungsverbünden oder Datenbanken?

Ulrich Johannes Schneider1
1Universitätsbibliothek Leipzig, Direktor, Leipzig, Deutschland

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Speakers: Ulrich Johannes Schneider