Session: Provenienzforschung: Kein Ende in Sicht? (S114)
Provenienzforschung: Makel oder Chance? Der Mehrwert der Forschung für die Institution
P. Hirschmiller1
1Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Referat 4C | Provenienzforschung, Berlin, Deutschland
In der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) finden seit 2002 Forschungen zu NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgut statt. Im Zuge dieser Arbeiten konnten schon zahlreiche Objekte ihren ursprünglichen Besitzern und Besitzerinnen zurückgegeben werden. Seit 2021 verfolgt die ZLB einen weiteren Ansatz zur Aufarbeitung der Herkunft von verdächtigen Objekten in ihren Beständen: Auf der Grundlagen einer breit aufgestellten Archivrecherche zu Unterlagen und Akten der ZLB zwischen 1933 und 1945 soll in Erfahrung gebracht werden, über welche Wege enteignete Büche in den Besitz der Bibliothek kamen und welche Verteilsysteme damit verbunden waren. Am Ende werden die zu untersuchenden Bestände strukturiert und priorisiert werden, um Provenienzforschung möglichst effizient durchführen zu können.
Das Ziel der Arbeit kommt einem kleinen Paradigmenwechsel gleich: Anstatt einzelne Bücher bei der Arbeit im aktuellen Bestand herauszuarbeiten und dann in die Forschung einzusteigen, soll nun im Vorfeld eruiert werden, welche Entzugsgeschichten in enger Verbindung mit der Bibliothek stehen, um anschließend gezielt danach zu suchen. Zudem lassen sich mit den erarbeiteten Informationen beispielsweise die Zugangsbücher, respektive deren Einträge besser analysieren und kontextualisieren.
Doch neben der eigentlichen Arbeit zu Aufarbeitung von NS-Raubgut im eigenen Bestand lässt sich ein enormer Mehrwert für die Institution generieren: Es ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Geschichte der Bibliothek und der Geschichte der Bestände selbst.
Speakers: Peter Hirschmiller